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Artikel:

AHV-Beiträge bei Nichterwerbstätigen

21. August 2018

Myriam Minnig, Leiterin Sozialversicherungen und Vorsorge sosec BDO Schweiz |

«Es ist Sache der Versicherten, sich um ihre Beitragspflicht zu kümmern.» Diesen Satz findet man in einem Merkblatt der AHV betreffend die Beiträge der Nichterwerbstätigen an die AHV, die IV und die EO. Was mit diesem kurz gehaltenen Satz in Bezug auf die gesetzliche Mitwirkungspflicht bei der AHV gemeint ist, zeigen wir Ihnen in unserem Beitrag auf.

Wer einen Versicherungsschutz geniessen will - wozu auch eine ungekürzte Versicherungsleistung gehört - muss eine Versicherung abschliessen und die vertraglich festgeschriebene Prämie bezahlen. Das gilt nicht nur bei einer Lebensversicherung, sondern auch gegenüber der AHV/IV/EO.

Viele sind sich nicht bewusst, dass es eine AHV-Beitragspflicht als nichterwerbstätige Person gibt. Andere sind sich nicht im Klaren, wann die Beitragspflicht für Nichterwerbstätige beginnt und endet. Die grösste Unsicherheit besteht jedoch hinsichtlich der Frage, ob und weshalb eine erwerbstätige Person plötzlich doch - zumindest aus Sicht der AHV - als nicht erwerbstätig qualifiziert werden kann.

 

Erwerbstätigkeit aus Sicht der AHV

Die AHV unterscheidet zwischen Erwerbstätigen (selbständig oder unselbständig) und Nichterwerbstätigen. Als Erwerbstätigkeit gilt aus Sicht der AHV eine persönliche Tätigkeit, welche auf Erzielung von Einkommen gerichtet ist und zu einer Erhöhung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit führt. Ob eine selbständige oder unselbständige Erwerbstätigkeit vorliegt oder nicht, bestimmt sich nach den tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen und Gegebenheiten. Es ist dabei nicht von Belang, wie sich die Versicherten selber qualifizieren. Eine behauptete Erwerbsabsicht muss aufgrund der konkreten wirtschaftlichen Tatsachen nachgewiesen sein. Wesentliches Merkmal einer Erwerbstätigkeit ist nach geltendem schweizerischen Recht eine planmässige Verwirklichung der Erwerbsabsicht in der Form von Arbeitsleistung.
 

AHV-Pflicht bei Lohnverzicht

Hierzu ein Beispiel: Der Inhaber und einzige Mitarbeiter einer Startup-Aktiengesellschaft, welcher aufgrund der schlechten finanziellen Lage bis auf Weiteres auf jegliche Entlöhnung verzichtet, gilt aus Sicht der AHV als nichterwerbstätig. Kein Wunder entsteht bei dieser Person ein gewisses Unbehagen. Wer 200-prozentigen Arbeitseinsatz leistet und zugleich auf seinen Lohn verzichtet, möchte ungern als Nichterwerbstätiger abgestempelt werden. Ohne Lohn und damit ohne geleistete AHV-Beiträge ist aber unbestritten, dass der Inhaber aus Sicht der AHV als nichterwerbstätige Person eingestuft und somit beitragspflichtig wird.
 

AHV-Pflicht bei tiefem Einkommen

Interessanter wird es, wenn der Inhaber einer GmbH eine Tätigkeit ausübt, es sich aber mangels Aufträgen nicht leisten kann, ein übliches Einkommen zu beziehen und gegenüber der AHV beitragsmässig abzurechnen. Gilt auch ein sehr tiefes Einkommen - bei einem vollen Arbeitspensum - trotzdem als volle Erwerbstätigkeit? Dazu hat sich das Bundesgericht im Jahr 2016 in einem Urteil geäussert.

Beilage: Urteil des Bundesgerichts vom 1. Juli 2016

 

Grundsatz zur Beitragspflicht bei der AHV als Nichterwerbstätige

Die Beitragspflicht als Nichterwerbstätige bei der AHV beginnt ab dem 1. Januar nach Vollendung des 20. Altersjahres. Beendet wird die Beitragspflicht, wenn das ordentliche Rentenalter erreicht wird. Aktuell liegt dieses für Männer bei 65, bei Frauen (noch) bei 64 Jahren.

Wer sich vorzeitig pensionieren lässt, bleibt somit bis zum Erreichen des ordentlichen Rentenalters der AHV-Beitragspflicht unterstellt. Dies hat schon bei vielen Frührentnerinnen und Frührentnern zu ungeplanten Nachzahlungen plus Verzugszinsen an die AHV geführt. Glücklich ist im Zeitalter von Negativzinsen, wer seine Verzugszinssätze in einer Verordnung festgehalten hat (Art. 40bis i.V.m. Art. 42 Abs. 2 AHVV).

Als nichterwerbstätige Personen gelten gemäss Wegleitung über die Beiträge der Selbständigerwerbenden und Nichterwerbstätigen (WSN), Rz 2001 ff. unter anderem:

  • Vorzeitig Pensionierte, Teilzeitbeschäftigte, Partner von Pensionierten,
  • Bezüger von IV-Renten, Empfänger von Krankentaggeldern,
  • Verwitwete, Geschiedene, Partner von im Ausland erwerbstätigen Ehepartnern,
  • Direktoren resp. Geschäftsführer einer AG oder GmbH, welche keinen oder einen zu tiefen Lohn beziehen,
  • Personen, welche ausschliesslich Verwaltungsratshonorare beziehen,
  • Studierende, Weltreisende, Inhaftierte und Internierte,
  • Mitglieder von religiösen Gemeinschaften,
  • Beschränkt arbeitsfähige Versicherte, ausgesteuerte Arbeitslose,
  • im Konkubinat lebende Personen, die ausschliesslich den gemeinsamen Haushalt führen,
  • Nichterwerbstätige Asylsuchende und vorläufig aufgenommene, die als Flüchtlinge anerkannt sind, eine Aufenthaltsbewilligung erhalten oder einen Anspruch auf eine Rente haben,
  • Versicherte, die zwar erwerbstätig sind, bei denen jedoch die abgerechneten AHV-Beiträge (Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeitrag) gesamthaft weniger als der jährliche Mindestbeitrag von CHF 478 betragen (entspricht einem Bruttojahreseinkommen von CHF 4‘667),
  • Versicherte, die weniger als 9 Monate im Jahr (3/4 der Beitragsdauer von 12 Monaten) und weniger als 50 Prozent der üblichen Arbeitszeit erwerbstätig sind. In solchen Fällen muss jeweils eine Vergleichsrechnung vorgenommen werden.

 

Nicht betroffen sind nichterwerbstätige Eheleute, sofern der andere Ehepartner bei der AHV als Erwerbstätiger gilt und dieser mindestens den doppelten Mindestbeitrag (2 x CHF 478 = CHF 956) pro Jahr entrichtet (Art. 3 Abs. 3 AHVG). Wichtig: Diese Regelung gilt auch für das Kalenderjahr, in welchem eine Ehe geschlossen oder geschieden wird.

Die Thematik der AHV-Beitragspflicht als Nichterwerbstätige beschäftigte in der Vergangenheit auch das Bundesgericht. Nachfolgend stellen wir zwei spannende Urteile kurz und vereinfacht dar.

Beilage: Urteil des Bundesgerichts vom 22. Mai 2017

Beilage: Urteil des Bundesgerichts vom 6. Februar 2007

 

Bemessungsgrundlage der AHV-Beiträge als Nichterwerbstätige (sog. NE-Beitrag der AHV)

Die Berechnung der NE-Beiträge gemäss Art. 28 AHVV basiert auf dem:

  • Vermögen per 31.12. des Beitragsjahres und dem
  • zwanzigfachen Renteneinkommen (ohne IV-Renten der IV).

Das massgebende Vermögen und das Renteneinkommen bilden zusammen die Bemessungsgrundlage des NE-Beitrags der AHV. In jedem Falle wird im Rahmen der Festsetzung der NE-Beiträge die Veranlagung der kantonalen Steuerbehörde berücksichtigt (Art. 29 Abs. 3 und 4 AHVV). Diesbezüglich gilt es zu beachten, dass Liegenschaften wie auch das im Betrieb investierte Eigenkapital durch die Steuerbehörde mit dem interkantonalen Repartitionswert angepasst und an die AHV-Ausgleichskasse gemeldet werden. Damit wird das steuerbare Vermögen aufgewertet und auf national vergleichbares Niveau gebracht.

Bei Verheirateten bemessen sich die Beiträge für jeden Ehegatten, ungeachtet des Güterstands, auf der Hälfte des ehelichen Vermögens und Renteneinkommens.

Als verheiratet gelten Sie für das ganze Kalenderjahr, in dem die Ehe geschlossen wird. Hingegen gelten Sie während des ganzen Kalenderjahres, in welchem die Ehe geschieden wird, beitragsrechtlich als nicht verheiratet. Im Kalenderjahr einer Verwitwung gelten Sie bis zum Todesfall beitragsrechtlich als verheiratet. Für den Rest des Kalenderjahres gilt der überlebende Ehegatte als nicht verheiratet.

 

Zum Vermögen gehören:

  • Sparkonten,
  • Wertpapiere,
  • Liegenschaften, unter Berücksichtigung der interkantonalen Repartitionswerte,
  • Vermögen, an welchen den Versicherten die Nutzniessung zusteht

 

Zum Renteneinkommen gehören:

  • Renten und Pensionen aller Art (ausgenommen Renten der IV), auch solche aus dem Ausland,
  • Unterhaltsleistungen der geschiedenen Ehefrau bzw. des geschiedenen Ehemanns, ausgenommen jene für Kinder,
  • Kinderrenten, auf welche die Kinder keinen eigenen Anspruch haben (z. B. Invalidenkinderrenten des BVG),
  • Taggelder von Kranken- und Unfallversicherungen,
  • Stipendien und ähnliche Zuwendungen,
  • Mietwert der unentgeltlich zur Verfügung gestellten Wohnung,
  • regelmässige Zuwendungen Dritter,
  • Überbrückungsrenten der beruflichen Vorsorge,
  • Arbeitslosenunterstützungen nach kantonalem Recht,
  • Erwerbseinkommen der Ehefrau oder des Ehemannes, welches nicht der Beitragspflicht der schweizerischen Versicherung unterliegt.

 

Nicht zum Renteneinkommen gehören:

  • Leistungen der IV,
  • Ergänzungsleistungen zur AHV und IV,
  • Vermögenserträge,
  • gesetzliche Unterhalts- und Unterstützungsbeiträge von Familienangehörigen, sofern nicht zum Renteneinkommen gehörend gemäss obiger Liste,
  • Kinderrenten, sofern die Kinder einen eigenen Anspruch darauf haben (z. B. Waisenrenten des AHVG, BVG und UVG).

 

Fazit

Verschiedene Faktoren beeinflussen die Unterstellung als erwerbstätige, selbständigerwerbende oder nicht erwerbstätige Person bei der AHV (Beitragsstatut). Die Beitragspflicht im Bereich der Nichterwerbstätigen lässt sich jedoch in gewissem Masse steuern. Welchen Erwerbsstatus eine Person für sich selbst festlegen würde, ist nicht relevant. Entscheidend ist stets der belegbare Nachweis der Arbeitszeit (Pensum). Wer diesen Nachweis nicht erbringen kann, ist bei der AHV als Nichterwerbstätiger beitragspflichtig und muss sich entsprechend um die Zahlung allfälliger Beiträge kümmern.

Was dabei Viele vergessen ist folgender Aspekt: Die AHV ist eine Versicherung und eine Versicherung kostet nun einmal Geld. Ausbleibende Prämienzahlungen bedeuten in der Regel ausbleibende Versicherungsleistungen. Dieses Risiko bei der eigenen Rente einzugehen, ist nicht empfehlenswert. Die AHV ist ein Schweizer Erfolgsmodell und deckt den Grundbedarf vieler Rentnerinnen und Rentner. Die AHV-Beiträge sind somit gut investiertes Geld.

 

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Weitere Informationen zu diesem Thema:

AHV-Beiträge als Nichterwerbstätige (BDO Newsletter, Februar 2012)