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  • Wie komme ich mit einer Betreibung zu meinem Geld?
Artikel:

Wie komme ich mit einer Betreibung zu meinem Geld?

03. September 2020

8 min

Wenn eine offene Schuld nicht bezahlt wird, verschicken Sie Ihrem Kunden eine Zahlungserinnerung oder Sie suchen das Gespräch. Zeigt sich nach diesen Bemühungen, dass er immer noch nicht zahlt, können Sie als letztes Mittel ein Betreibungsverfahren einleiten und das Geld für die erbrachte Leistung eintreiben. Wir zeigen, worauf Sie achten sollten.

Ein Kundenauftrag ist erst abgeschlossen, wenn der Kunde die erhaltene Leistung bezahlt hat. Gibt es Schwierigkeiten, ist zuerst das Gespräch mit dem Kunden zu suchen. Möglicherweise ist es erforderlich, allfällige Mängel zu beheben, einen Preisnachlass im Sinne eines Entgegenkommens zu gewähren oder einen Abzahlungsplan zu vereinbaren. Diese Punkte haben wir in unserem zweiteiligen Beitrag im BDO Newsletter von August und Oktober 2020 dargestellt:

Im BDO Newsletter vom August 2020 publizierten wir den ersten Teil dieses Artikels: «Wie können Forderungsverluste verhindert werden (1. Teil)».

Im BDO Newsletter vom Oktober 2020 den zweiten Teil: «Wie können Forderungsverluste verhindert werden (2. Teil)».

Sind alle Möglichkeiten ausgeschöpft und ohne Erfolg geblieben, muss das Unternehmen handeln. Es muss eine Betreibung einleiten.

Leider ist damit zu rechnen, dass im Laufe der sich abzeichnenden Rezession infolge der Coronavirus-Krise vermehrt Schuldner ihren Zahlungspflichten nicht mehr nachkommen werden. Es ist in naher Zukunft auch vermehrt mit Konkursen zu rechnen, sodass die Risiken für die Gläubiger zunehmen werden.

Erstaunlich viele KMU haben keine oder nur wenig Erfahrung mit Betreibungen. Wir stellen nachfolgend die wichtigsten Punkte dar und zeigen auf, dass das Einleiten einer Betreibung im Grunde genommen einfach ist. Entscheidend ist, einige formale Punkte zu beachten, wenn eine Betreibung Erfolg haben soll. Wichtig ist es, den gesamten Betreibungsprozess unter Kontrolle zu haben und sich ausreichend mit den Anforderungen auseinander zu setzen. Insbesondere, um keine allfälligen Fristen zu verpassen.

 

Betreibung einleiten

Der Gläubiger reicht ein Betreibungsbegehren beim zuständigen Betreibungsamt ein. Es ist das am Betreibungsort zuständige Amt. Hier beginnen bereits die Schwierigkeiten in der Praxis: Wo liegt in einem konkreten Fall der Betreibungsort und welches ist das zuständige Betreibungsamt?

Unter Betreibungsschalter.ch finden Sie alle nötigen Informationen sowie das Formular «Betreibungsbegehren».

Wichtig ist es, Gläubiger und Schuldner genau zu bezeichnen und die Forderung wenn möglich - aber nicht zwingend - mittels Unterlagen zu belegen. Es soll für den Schuldner nachvollziehbar sein, welche Summe gefordert wird und auf welche Unterlagen sich diese stützt.

 

Betreibungsort

Das Begehren ist unbedingt beim richtigen Betreibungsamt einzureichen, denn es erfolgt keine schweizweite Prüfung der Zuständigkeit und es gibt kein zentrales Register für die ganze Schweiz.

Eine natürliche Person wird am Wohnsitz betrieben. Ein im Handelsregister eingetragenes Unternehmen wird am Sitz der Gesellschaft betrieben oder sonst beim Hauptsitz der Unternehmensverwaltung.

 

Betreibungsarten

Es bestehen drei Betreibungs-Verfahren: Die Betreibung auf Pfändung, die Betreibung auf Konkurs und die Betreibung auf Pfandverwertung.

Privatpersonen und nicht im Handelsregister eingetragene Unternehmen werden auf Pfändung betrieben. Alle im Handelsregister eingetragenen Unternehmen werden in der Regel auf Konkurs betrieben. Hat der Gläubiger ein Pfand zur Sicherung seiner Forderung, so lautet die Betreibung auf Pfandverwertung. Um die Betreibungsart muss sich der Gläubiger allerdings nicht kümmern, das Betreibungsamt verfügt diese von Amtes wegen.

Am gefährlichsten für den Schuldner ist natürlich eine Betreibung auf Konkurs, da hier im Endeffekt das Unternehmen in einer «Gesamtvollstreckung» liquidiert wird.

 

Zahlungsbefehl und Rechtsvorschlag

Das Betreibungsamt nimmt das Betreibungsbegehren entgegen, prüft seine Zuständigkeit und die Angaben zu Schuldner und Gläubiger und stellt gestützt darauf einen sogenannten «Zahlungsbefehl» aus. Dieser wird dem Schuldner zugestellt. Wichtig zu wissen ist, dass das Betreibungsamt keine Prüfung der Forderung vornimmt.

Der Schuldner wird mit dem Zahlungsbefehl aufgefordert, die aufgeführte Forderung und die Betreibungskosten innert 20 Tagen zu bezahlen. Der Schuldner kann unmittelbar bei der Zustellung gegenüber dem Überbringer dieses Zahlungsbefehls oder innert 10 Tagen nach dessen Zustellung gegenüber dem Betreibungsamt mündlich oder schriftlich Rechtsvorschlag erheben und damit die Forderung ganz oder teilweise bzw. das Recht, die Forderung auf dem Betreibungsweg geltend zu machen, bestreiten.

Ein Rechtsvorschlag muss nicht begründet werden. Es reicht der Vermerk: «Rechtsvorschlag». Er dient deshalb zahlungsunwilligen Schuldnern häufig dazu, die Zahlungsfrist zu «erstrecken», denn die Wirkungen eines Rechtsvorschlags sind erheblich: Der Rechtsvorschlag unterbricht die Betreibung.

Erfolgt kein Rechtsvorschlag, kann der Gläubiger die Fortsetzung der Betreibung und die Bezahlung verlangen. Dem Schuldner bleibt dann nur noch die Möglichkeit, mittels einer Rückforderungsklage gemäss Art. 86 SchKG zu beweisen, dass die Forderung nicht bestanden und er folglich eine Nichtschuld bezahlt hat. Solche Rückforderungsklagen sind selten und mangels klarer Beweise noch seltener von Erfolg gekrönt.

 

Rechtsvorschlag beseitigen

Bis hierher ist das Verfahren nicht allzu schwierig für den Gläubiger, doch nun kommen die Herausforderungen. Es liegt am Gläubiger, den Rechtsvorschlag zu beseitigen, indem er beweist, dass die Forderung tatsächlich besteht.

Für das weitere Verfahren ist entscheidend, ob der Gläubiger über sogenannte Rechtsöffnungstitel verfügt. Ein solcher liegt z.B. vor, wenn über diese Forderung bereits ein rechtskräftiges Gerichtsurteil vorliegt. Verfügt der Gläubiger über ein solches Urteil, kann er in einem Rechtsöffnungsverfahren vom Gericht sofort die definitive Rechtsöffnung verlangen.

Liegt dem Gläubiger nur eine schriftliche Schuldanerkennung des Schuldners vor (z.B. aus einer Ratenvereinbarung oder einem Mietvertrag), kann der Gläubiger bei Gericht die sogenannte provisorische Rechtsöffnung verlangen. Mit der provisorischen Rechtsöffnung erhält der Schuldner 20 Tage Zeit, eine sogenannte Aberkennungsklage einzureichen, in welcher er den Bestand, die Höhe und die Vollstreckbarkeit der Forderung bestreiten kann (z.B. wenn eine Stundungsvereinbarung vorliegt). Die oben beschriebenen Verfahren der Rechtsöffnung finden in einem einfachen und schnellen Verfahren, dem sogenannten summarischen Verfahren, statt.

Hält der Gläubiger keine rechtskräftigen Urteile oder Schuldanerkennungen in den Händen, bleibt ihm nur das sogenannte ordentliche Verfahren. Der Gläubiger muss nun in einem ordentlichen Zivilprozess gegen den Schuldner auf Leistung, d.h. Bezahlung der Forderung und Beseitigung des Rechtsvorschlages klagen. Der ordentliche Zivilprozess ist ein streng geregeltes, formelles Verfahren. Wir empfehlen KMUs deshalb, für ein ordentliches Verfahren einen Rechtsvertreter beizuziehen, damit die Forderung nicht aufgrund von Formfehlern oder verpassten Fristen verloren geht. Weil das die Kosten natürlich in die Höhe treibt, ist es nur ab einer gewissen Forderungshöhe sinnvoll. Das ist vorher genau zu überlegen.

 

Fortsetzung der Betreibung

Wurde vom Richter eine provisorische oder definitive Rechtsöffnung gewährt oder verzichtete der Gläubiger gar auf die Erhebung eines Rechtsvorschlags, ist der Weg für das weitere Verfahren wieder offen. Der Gläubiger kann frühestens 20 Tage nach Zustellung des Zahlungsbefehls das Fortsetzungsbegehren stellen. Dieses Recht erlischt ein Jahr nach Zustellung des Zahlungsbefehls an den Schuldner. Der Gläubiger muss den Verlauf des Falles deshalb laufend überwachen und immer wieder aktiv werden.

Der Grund der Forderung ist im Fortsetzungsbegehren anzugeben. Als Beilage ist die Gläubigerkopie des Zahlungsbefehls im Original und, wenn möglich, ein mit der Rechtskraftbescheinigung versehener Gerichtsentscheid über die Forderung mit richterlicher Beseitigung des Rechtsvorschlages einzureichen.

Bei Schuldnern, die der Betreibung auf Pfändung unterliegen, wird das Betreibungsamt nun die Pfändung vollziehen.

Bei Arbeitnehmenden besteht die Möglichkeit einer Lohnpfändung. Der Arbeitgeber wird vom Betreibungsamt verpflichtet, monatliche Abzüge von der Lohnzahlung vorzunehmen und diese dem Betreibungsamt anzuweisen. Je nachdem eine peinliche Situation für den Schuldner.

Bei Schuldnern, die auf Konkurs betrieben werden (juristische Personen), erlässt das Betreibungsamt eine Konkursandrohung, die dem Schuldner zugestellt wird. Leistet der Schuldner nach der Konkursandrohung innert 20 Tagen keine Zahlung, kann der Gläubiger ein Konkursbegehren beim zuständigen Konkursrichter stellen. Die Zuständigkeit wechselt vom Betreibungsamt zum Gericht.  

Die dritte Betreibungsart kommt deutlich weniger oft zum Zug: Die Betreibung auf Pfandverwertung. Hält ein Gläubiger ein Pfand (z.B. Schuldbrief oder Sachpfand) in den Händen, muss er dies schon im Betreibungsbegehren (vgl. oben) bezeichnen. Das Betreibungsamt wird dann die Fortsetzung der Betreibung auf Pfandverwertung verfügen.

 

Administratives rund um Betreibungen

Der Gläubiger muss die Kosten des Verfahrens jeweils vorschiessen. Die Kosten eines Betreibungsbegehrens sind vergleichsweise gering. Mehr ins Gewicht fallen die Kostenvorschüsse für den Vollzug der Pfändung oder die Konkurseröffnung. Insbesondere sind für die Konkurseröffnung die Verfahrenskosten bis zur ersten Gläubigerversammlung vorzuschiessen. Dabei trägt der Gläubiger alle Risiken, denn sollte er mit seinem Verfahren keinen Erfolg haben oder sollte sich der Schuldner als gänzlich zahlungsunfähig herausstellen, bleibt er auf den vorgestreckten Kosten sitzen.

Zu beachten sind auch die sogenannten «Betreibungsferien». An Feiertagen, sieben Tage vor und nach Ostern und Weihnachten sowie in der Zeit vom 15. Juli bis 31. Juli können zwar Betreibungsbegehren vom Gläubiger eingereicht werden. Die entsprechenden Zahlungsbefehle dürfen vom Betreibungsamt in diesen Zeiten dem Schuldner aber nicht zugestellt werden.

In bestimmten Fällen wie Militärdienst, Todesfall in der Familie, schwere Erkrankung oder in allgemeinen Notzeiten (z.B. Epidemie, Naturkatastrophen, Krisenzeiten) gilt ein Rechtsstillstand.

 

Geschichtliche Entwicklung

«Früher war alles besser» hört man immer wieder. Bei Schuldnern stimmt das definitiv nicht. Die Schuldknechtschaft war in der Antike, aber auch im Mittelalter und bis in die frühe Neuzeit weit verbreitet. Die Schuldknechtschaft war ein Mittel, um Geldschulden einzutreiben, also eine Form der Vollstreckung. Der Schuldner wurde wegen nicht bezahlten Geldschulden dem Gläubiger als Sklave zugesprochen: zur Abarbeitung der Schuld. Das ging so weit, dass diese Verpflichtung von den Eltern auf die Kinder übertragbar war. Von solchen Verhältnissen sind wir heute zum Glück weit entfernt.

 

Fazit

Wichtig ist, eine Betreibung wirklich als letztes Mittel der Kundenbeziehung zu verstehen. Im Vorfeld sollte alles versucht werden, eine Einigung mit dem Schuldner herbeizuführen, denn eine Betreibung kann das Vertrauen beider Parteien nachhaltig beschädigen.

Wenn eine Betreibung eingeleitet werden muss, sind die Formvorschriften zu beachten und das Verfahren ist laufend zu überwachen. Bei der Stellung eines Konkursbegehrens wird vom Gericht in der Regel ein hoher Kostenvorschuss verlangt. Spätestens in diesem Stadium zeigt ein Betreibungsauszug die Lage des Schuldners auf und gibt einen Hinweis, ob das weitere Verfahren überhaupt Erfolg verspricht.

Die Erfahrung zeigt, dass sich die Leistungserbringer (Händler, Lieferanten etc.) oft nicht bewusst sind, dass sie im Streitfall den Nachweis für die erbrachten Leistungen erbringen müssen. Oft sind wenig verlässliche Dokumente vorhanden, die überdies zu wenig systematisch erstellt wurden. Zusatzarbeiten oder mit dem Kunden vereinbarte Anpassungen der offerierten Arbeiten sind oft nicht oder zu wenig nachvollziehbar dokumentiert. Im Streitfall ist es in solchen Fällen schwierig, den Nachweis für seine Forderungen zu erbringen und diese durchzusetzen. Das Debitorenmanagement beginnt ganz am Anfang der Wertschöpfungskette mit der Prüfung des Kunden und zukünftigen Schuldners.

 

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