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  • Der Corona Erwerbsersatz

    Hilfe für Selbstständigerwerbende

Artikel:

Der Corona Erwerbsersatz – Hilfe für Selbstständigerwerbende in der Krise

28. Mai 2020

Myriam Minnig, Leiterin Sozialversicherungen und Vorsorge sosec BDO Schweiz |
15 min

Wer keinen Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung hat, kann möglicherweise Corona Erwerbsersatz geltend machen. Antworten auf Fragen nach der Anspruchsberechtigung, Zuständigkeiten und Verfahren erhalten Sie in diesem Artikel.

Die Kurzarbeitsentschädigung (KAE) ist ein seit Jahren etabliertes Mittel, um Arbeitsstellen zu erhalten, wenn es zu voraussichtlich vorübergehenden Auftragsausfällen aus wirtschaftlichen Gründen kommt. Die Flut von Anträgen zwang den Bund zwar zu zahlreichen Anpassungen, doch ein Grundsatz änderte sich nicht: Das Versicherungsprinzip. Bei der KAE handelt es sich um eine Leistung der Arbeitslosenversicherung, die hauptsächlich von Arbeitnehmenden und Arbeitgebern finanziert wird. Man zahlt Prämien und erhält im Gegenzug eine Leistung bei Eintreten des Risikos.

Doch die COVID-19-Massnahmen treffen unter anderen auch Selbstständigerwerbende, die von Gesetzes wegen nicht in der Arbeitslosenversicherung erfasst sind. Schnell wurde klar, dass auch diese unterstützt werden müssen, will man verhindern, dass den Betroffenen die Mittel ausgehen. Der Bund hat die Herausforderung, in Rekordzeit eine neue Entschädigung aus dem Boden zu stampfen, clever gelöst. Er lehnt den neu kreierten Corona Erwerbsersatz (CE) an die bereits bestehende Erwerbsersatzordnung (EO) an. Finanziert wird die Corona Erwerbsersatzentschädigung (CEE) jedoch nicht aus der EO-Kasse, sondern vom Bund und schlussendlich von den Steuerzahlenden.
 

Wer hat Anspruch auf die Corona Erwerbsersatzentschädigung?

Die CEE ersetzt einen Erwerbsausfall, der aufgrund von COVID-19-Massnahmen eintritt. Somit ist eine Grundvoraussetzung, dass ein Erwerbsausfall vorliegt, der mit den COVID-19-Massnahmen in Zusammenhang gebracht werden kann. Zudem müssen folgende allgemeine Voraussetzungen erfüllt sein:

Anspruchsberechtigt sind Personen, die zum Zeitpunkt des Erwerbsausfalls

  • selbstständigerwerbend sind im Sinne von Art. 12 ATSG (d.h. von der Ausgleichskasse anerkannt und bei dieser angemeldet),
  • Arbeitnehmende sind im Sinne von Art. 10 ATSG (d.h. in unselbstständiger Stellung Arbeit leisten und Lohn beziehen),
  • obligatorisch AHV-versichert sind.

 

Obligatorisch in der AHV versichert sind in der Regel Personen, die in der Schweiz wohnen und/oder arbeiten - unabhängig von deren Alter. Denn obligatorisch versichert ist nicht dasselbe wie beitragspflichtig. Somit können auch Personen unter 16 Jahren oder solche über 65 Jahre Anspruch auf CEE haben.

 

In welchen Fällen besteht Anspruch auf den Corona Erwerbsersatz?

Selbstständigewerbende haben Anspruch, wenn sie einen Erwerbsausfall erleiden

  • weil ihr Betrieb als COVID-19-Massnahme behördlich geschlossen wurde,
  • als Folge von abgesagten Veranstaltungen,
  • als indirekte Folge von COVID-19-Massnahmen.
     

Arbeitnehmende und Selbstständigerwerbende haben Anspruch, wenn sie einen Erwerbsausfall erleiden

  • weil sie ihre Kinder betreuen müssen, da die Fremdbetreuung aufgrund von COVID-19-Massnahmen ausgefallen ist,
  • weil sie selbst unter Quarantäne gestellt wurden.

 

Im Folgenden betrachten wir diese Anspruchsgruppen etwas näher.
 

Erwerbsausfall von Selbstständigerwerbenden

Bei den Selbstständigerwerbenden sind zwei Gruppen zu unterscheiden:

Anspruch als Direktbetroffene:

  • Erwerbsausfall als Folge von Art. 6 Abs. 1 der COVID-19-Verordnung 2 (Veranstaltungsverbot)
  • Erwerbsausfall als Folge von Art. 6 Abs. 2 der COVID-19-Verordnung 2 (Betriebsschliessung)
  • Erwerbsausfall als Folge von Art. 7e Abs. 2 lit. e der COVID-19-Verordnung 2 (Funktionsfähigkeit der Wirtschaftsbranche beeinträchtigt durch das Ausbleiben von Grenzgängern)
     

Anspruch im Rahmen Härtefallregelung:

  • Nicht direkt betroffen im Sinne der oben erwähnten Fälle, jedoch Erwerbsausfall als indirekte Folge der COVID-19-Massnahmen

 

Direktbetroffene Selbstständigerwerbende haben grundsätzlich Anspruch auf CEE, sobald ein Erwerbsausfall vorliegt. Ausfälle infolge Veranstaltungsverbot können öffentliche oder private Veranstaltungen betreffen, Sportveranstaltungen oder Vereinsaktivitäten. Betroffen sind z.B. Musiker, Kleinkünstler oder Autoren, jedoch auch andere mit der Veranstaltung verbundene Dienstleister wie beispielsweise Lieferanten, Messebauer, Licht- und Tontechniker oder Zeltbauer.

Die Härtefallregelung sieht als zusätzliche Voraussetzung eine Einkommens-Bandbreite vor von 10'000 bis 90'000 Franken und ist in der Dauer beschränkt. Bei der CEE für Härtefälle geht es um die Existenzsicherung. Deshalb: Betroffene mit einem AHV-Einkommen von weniger als 10'000 Franken pro Jahr haben keinen Anspruch auf CEE. Mit dieser Regelung soll verhindert werden, dass Tätigkeiten entschädigt werden, die praktisch als «bezahltes Hobby» betrieben werden und daher keine Existenz sichern. Betroffene mit einem AHV-Einkommen von mehr als 90'000 Franken pro Jahr haben ebenfalls keinen Anspruch auf CEE. Bei diesen geht man davon aus, dass sie genügend Reserven aufgebaut haben, um vorübergehend ohne Einkommen auszukommen.

Diese klare Einkommensgrenze ist nachvollziehbar, damit die Hilfe zielgerichtet ist und nur Personen in einer Notlage zu Gute kommt. Für Personen mit einem Einkommen leicht über der Limite (z.B. 91'000 Franken) ist dies natürlich bitter, da sie nicht in den Genuss einer CEE kommen, obwohl sie kaum besser gestellt sind als Personen mit einem Einkommen von 90'000 Franken.

Beginn und Ende des Anspruchs

Der Anspruch auf CEE für Selbstständigerwerbende beginnt ab Erfüllen aller Voraussetzungen.

Der Anspruch endet grundsätzlich, wenn die COVID-19-Massnahmen aufgehoben werden, spätestens jedoch sechs Monate nach Inkrafttreten der «COVID-19-Verordnung Erwerbsausfall», also am 16. September 2020.

Der Anspruch für CEE nach Härtefallregelung endet zwei Monate nach Inkrafttreten der Verordnung, somit spätestens am 16. Mai 2020.

Direktbetroffene wegen Betriebsschliessung, die seit 27. April 2020 oder 11. Mai 2020 ihren Betrieb wieder öffnen dürfen, haben wie die Betriebe mit Härtefallregelung ebenfalls Anspruch bis zum 16. Mai 2020. Ihr Anspruch bleibt darüber hinaus erhalten, falls sie nachweisen können, dass die Wiedereröffnung aufgrund der geforderten Schutzmassnahmen ein Verlustgeschäft wäre. Sie müssen sich bei der Ausgleichskasse melden und die notwendigen Informationen und Unterlagen einreichen.

Direktbetroffene wegen Betriebsschliessung, die auch nach dem 11. Mai 2020 geschlossen bleiben müssen oder wegen fehlendem Schutzkonzept nicht wieder öffnen können, haben ebenfalls weiterhin Anspruch. Die Information ist der Ausgleichskasse schriftlich oder elektronisch mitzuteilen unter Angabe von Name/Vorname, Versichertennummer, Art des Betriebes, Bestätigung der Betriebsschliessung und für das fehlende Schutzkonzept (Selbstdeklaration).

Direktbetroffene wegen Veranstaltungsverbot haben bis auf Weiteres Anspruch für die ganze Dauer.

Der Anspruch endet in jedem Fall frühzeitig bei Aufgabe der selbstständigen Tätigkeit oder bei Tod der anspruchsberechtigen Person.

 

Erwerbsausfall wegen Ausfall der Fremdbetreuung

Erwerbstätige Eltern nehmen ihre gesetzliche Fürsorgepflicht während der Arbeitszeit wahr, indem sie ihre Kinder in geeignete Obhut, eine Fremdbetreuung, geben. Dabei geht es um Kinder, die tatsächlich noch betreuungsbedürftig sind.

Anspruchsberechtigt sind Eltern mit Kindern

  • bis zum vollendeten zwölften Altersjahr,
  • die minderjährig sind und Anspruch haben auf einen Intensivpflegezuschlag der Invalidenversicherung,
  • bis zum vollendeten 20. Altersjahr, wenn sie eine Sonderschule besuchen.

 

Ein Anspruch auf CEE besteht nur mit Nachweis, dass üblicherweise eine Fremdbetreuung in Anspruch genommen wird, diese als Folge von COVID-19-Massnahmen ausfällt und keine Alternative in Anspruch genommen werden kann. Dieser Nachweis dürfte nicht allzu schwerfallen, wenn man die Liste der in Frage kommenden Fremdbetreuungen anschaut:

  • Kindergärten, Kindertagesstätten (Kitas), Schulen, Anstalten und Werkstätten für Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung IV (diese wurden mehrheitlich am 16. März 2020 auf behördliche Anordnung geschlossen);
     
  • Betreuende Einzelpersonen mit besonderer Gefährdung nach COVID-19-Verordnung 2 (d.h. vor allem Grosseltern).

Die erste Gruppe wurde mehrheitlich am 16. März 2020 behördlich geschlossen. Bei der zweiten Gruppe gehören unter anderen Personen im Alter von 65 Jahren oder mehr dazu, was die meisten Grosseltern einschliesst.

Liegt der Grund der fehlenden Fremdbetreuung nicht mehr in den COVID-19-Massnahmen, entfällt auch der Anspruch auf CEE - so auch während der Schulferien. Wenn die Eltern jedoch nachweisen, dass ihre Kinder auch in dieser Zeit durch ein von der Schule organisiertes Angebot oder durch eine besonders gefährdete Person betreut worden wären, bleibt der Anspruch auch während der Schulferien bestehen.

Der Anspruch entfällt ebenfalls, wenn eine alternative Kinderbetreuung gefunden wird oder wenn der zweite Elternteil die Kinder beaufsichtigen kann. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn dieser bereits in Kurzarbeit ist, oder wenn dieser selbstständigerwerbend ist und als solcher Anspruch hat auf eine CEE.

Doch welcher der beiden erwerbstätigen Elternteile hat nun Anspruch? Grundsätzlich beide, jedoch nicht für denselben Tag. Jeder Elternteil kann für sich CEE geltend machen für die Tage, an denen er (und nicht der andere Elternteil) die Kinderbetreuung übernimmt.

Übrigens: Arbeit im Homeoffice gilt nicht als Ausfallzeit sondern als Arbeitszeit. Das bedeutet gerade bei Eltern mit Kinderbetreuung muss klar unterschieden werden zwischen Zeiten, in denen zuhause gearbeitet werden kann (auch wenn Kinder da sind) und solchen, in der auch zuhause keine Arbeit möglich ist, weil man sich aktiv um die Kinder kümmern muss. Es empfiehlt sich, die betriebliche Zeiterfassung so einzurichten, dass diese Unterscheidung einfach ausgewertet werden kann. Denn bei der Anmeldung der CEE ist der anteilsmässige Ausfall als Prozentwert oder in Franken anzugeben.

Beginn und Ende des Anspruchs

Der Anspruch auf Corona Erwerbsersatz wegen Ausfall der Fremdbetreuung beginnt am vierten Tag, nachdem alle Voraussetzungen erfüllt sind. Die ersten drei Tage gelten als Karenzzeit, welche frühestens am 16. März 2020 beginnt mit der schweizweiten Schliessung der Schulen. Bei Arbeitnehmenden schuldet grundsätzlich der Arbeitgeber in diesen ersten drei Tagen 80 Prozent Lohnfortzahlung.

Der Anspruch endet, wenn die COVID-19-Massnahmen aufgehoben werden, spätestens jedoch sechs Monate nach Inkrafttreten der «COVID-19-Verordnung Erwerbsausfall», also am 16. September 2020. Der Anspruch endet frühzeitig bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses, Tod des Kindes oder Tod der anspruchsberechtigten Person.

Der Anspruch für Selbstständigerwerbende endet nach Ausrichtung von maximal 30 Taggeldern.

 

Erwerbsausfall wegen Quarantäne

Wird eine erwerbstätige Person behördlich oder auf Anweisung eines Arztes unter Quarantäne gestellt und erleidet sie aus diesem Grund einen Erwerbsausfall, kann sie ebenfalls eine CEE beantragen. Diese ist jedoch begrenzt auf maximal zehn Taggelder.

Bei Arbeitnehmenden besteht je nach Fall auch Anspruch auf eine Kurzarbeitsentschädigung, diese würde der CEE vorgehen.

Beginn und Ende des Anspruchs

Der Anspruch auf CEE wegen Quarantäne beginnt ab Erfüllen aller Voraussetzungen. Dem Antrag muss ein Nachweis der Quarantäne beigelegt werden, das kann eine behördliche Anordnung oder ein ärztliches Attest sein. Selbstisolation genügt nicht und begründet keinen Anspruch auf CEE.

Der Anspruch endet nach Ausrichtung von maximal zehn Taggeldern oder wenn die COVID-19-Massnahmen aufgehoben werden, spätestens jedoch sechs Monate nach Inkrafttreten der «COVID-19-Verordnung Erwerbsausfall», also am 16. September 2020.

Der Anspruch endet frühzeitig bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses oder bei Tod der anspruchsberechtigten Person.

 

In welchen Fällen besteht kein Anspruch auf Corona Erwerbsersatzentschädigung?

Die CEE wird subsidiär zu anderen Versicherungsleistungen ausgerichtet. Wenn also Anspruch besteht auf Leistungen einer alternativen Versicherung - unabhängig davon, ob es sich um eine Sozialversicherung oder eine Privatversicherung nach VVG handelt - geht diese Leistungspflicht vor.

Selbstredend besteht auch dann kein Anspruch auf CEE, falls der Erwerbsausfall nicht mit den COVID-19-Massnahmen im Zusammenhang stehen.
 

Wie, wo und wer? Zuständigkeiten und Verfahren

Zuständig für die Bewilligung und Ausrichtung von CEE sind die Ausgleichskassen, und zwar jeweils die Ausgleichskasse, mit der bereits die AHV-Beiträge der Anspruchsberechtigten abgerechnet werden. Das heisst:

  • Für Arbeitnehmende: Die Ausgleichskasse des Arbeitgebers, mit der die Lohnbeiträge abgerechnet werden.
     
  • Für Selbstständigerwerbende: Die Ausgleichskasse, mit der die persönlichen AHV-Beiträge abgerechnet werden.
     
  • Für Eltern, wenn beide Elternteile anspruchsberechtigt sind: Die Ausgleichskasse, die als erstes CEE wegen Betreuungsaufgaben ausrichtet (für beide Elternteile ist dieselbe Ausgleichskasse zuständig, jedoch haben die Eltern den Anspruch jeweils für sich separat geltend zu machen).
     
  • Bei mehreren Erwerbstätigkeiten: Die Ausgleichskasse des Arbeitgebers, an welchen die erste Anmeldung weitergeleitet wurde bzw. die Ausgleichskasse, welcher die Beiträge als Selbstständigerwerbender zu bezahlen sind.
     

Zur Geltendmachung berechtigt sind einerseits die anspruchsberechtigten Personen selbst. Bei Arbeitnehmenden, deren Arbeitgeber Lohnfortzahlung leisten, können auch die Arbeitgeber die CEE beantragen. Auf der Website der AHV-IV kann die Anmeldung elektronisch ausgefüllt und als PDF gespeichert werden (siehe Link). Dieses Dokument muss der zuständigen Ausgleichskasse per E-Mail zugestellt werden. Auf der genannten Website wird der Antragsteller interaktiv durch die Fragen geführt, d.h. je nach Antwort werden die richtigen Folgefragen angezeigt. Einige Ausgleichskassen haben jedoch eigene Formulare oder Webformulare kreiert für ihre angeschlossenen Mitglieder.

Die Ausgleichskasse prüft die Anmeldung und bewilligt diese oder lehnt sie ab, jeweils mit einer Verfügung. Gegen eine Ablehnung kann innert 30 Tagen Einsprache erhoben werden.

Eltern bzw. deren Arbeitgeber müssen nach der ersten Anmeldung nur noch monatlich den Ausfall an die Ausgleichskasse melden, dafür reicht eine E-Mail. Es muss keine neue Anmeldung eingereicht werden.

Die Auszahlung erfolgt durch die Ausgleichskassen, je nach Antrag an die betroffenen Personen selbst oder an deren Arbeitgeber. Bei Auszahlung direkt an Arbeitnehmende werden die Arbeitgeber schriftlich informiert. Ausbezahlt wird

  • grundsätzlich monatlich nachschüssig,
  • bei Beträgen von unter 200 Franken pro Monat erst nach Anspruchsende,
  • bei CEE infolge Quarantäne nach Anspruchsende als Einmalzahlung,
  • die CEE infolge Kinderbetreuung für Selbstständige allenfalls ebenfalls nach Anspruchsende als Einmalzahlung.

 

Berechnung des Taggelds und massgebendes Einkommen für den Corona Erwerbsersatz

Grundsätzliches

Als maximal versichertes Einkommen gilt in Anlehnung an die EO ein Jahreseinkommen von 88'200 Franken. Das Jahreseinkommen wird geteilt durch 360 Tage, vom so errechneten Tagesansatz werden 80 Prozent als CEE ausgerichtet.

Ausbezahlt wird die CEE jeweils pro Kalendertag, also je nach Monat für 30 oder 31 Tage.
 

Selbstständigerwerbende

Bei Selbstständigerwerbenden stellt die Frage nach dem massgebenden Einkommen eine Herausforderung dar, da das tatsächliche Einkommen immer erst im Nachhinein bekannt ist. Dazu ein kleiner Exkurs:

Das Einkommen bei Selbstständigerwerbenden besteht aus dem steuerbaren Gewinn aus selbstständiger Tätigkeit. Der Ablauf sieht wie folgt aus:

  1. Der selbstständige Unternehmer (und natürlich auch die Unternehmerin) erstellt einen Jahresabschluss, der den Gewinn des Unternehmens ausweist. Dieser Gewinn wird in der privaten Steuererklärung des Unternehmers als Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit deklariert.
     
  2. Die Steuerbehörde prüft die Steuererklärung und nimmt eine definitive Veranlagung vor.
     
  3. Sobald die definitive Steuerveranlagung rechtskräftig ist, wird das definitive Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit von der Steuerbehörde an die zuständige Ausgleichskasse gemeldet, bei welcher der Unternehmer seine persönlichen Beiträge abrechnet.
     
  4. Die Ausgleichskasse erstellt nun eine definitive Beitragsverfügung, die eine Nachtragsabrechnung der AHV-Beiträge zur Folge hat (Gutschrift oder Nachbelastung, je nach Höhe der Akontobasis für die AHV-Beiträge).
    Die definitive Beitragsverfügung liegt in der Regel ein bis zwei Jahre nach Abschluss des entsprechenden Jahres vor.
     

Das Problem dabei ist, dass die Selbstständigerwerbenden den zeitlichen Ablauf nach Einreichen der Steuererklärung nicht mehr beeinflussen können. Die Steuerverwaltung hat fünf Jahre Zeit, die definitive Veranlagung für ein Steuerjahr vorzunehmen. Danach können gut und gerne nochmals mehrere Monate vergehen, bis auch die definitive Beitragsverfügung der Ausgleichskasse vorliegt. Aus diesem Grund sind Selbstständigerwerbende verpflichtet, bis Ende Folgejahr eine von der provisorischen Einkommensbasis abweichende Summe an die Ausgleichskasse zu melden. Dies bedingt jedoch das Vorliegen des Jahresabschlusses des Einzelunternehmens.

Doch was hat das mit der CEE zu tun? Das für die Corona Erwerbsersatzentschädigung massgebende Einkommen bemisst sich nach dem zuletzt gemeldeten Einkommen für 2019, wobei Meldungen nach dem 17. März 2020 nicht mehr berücksichtigt werden. Da viele Einzelunternehmen Mitte März 2020 ihre Abschlüsse 2019 noch nicht final erstellt hatten - wozu sie auch gesetzlich nicht verpflichtet waren - dürfte die Einkommensbasis für 2019 auf veralteten Daten basieren. Dieser Basis wurde oft auch keine grosse Bedeutung zugemessen, basierten ja lediglich die Akonto-Rechnungen der AHV auf diesen Daten. Mit der definitiven Verfügung wurde dies ein bis zwei Jahre später korrigiert (Guthaben oder Schuld). Mit dem überarbeiteten Kreisschreiben vom 20. Mai 2020 wurde dieser Ausgangslage teilweise Rechnung getragen. Gemäss aktueller Regelung gilt als Bemessungsgrundlage:

  • die definitive Steuerveranlagung für das Jahr 2019 (auch wenn diese nach dem 17. März 2020 erstellt wurde); falls diese noch nicht vorliegt
     
  • die letzte provisorische AHV-Beitragsverfügung für das Jahr 2019, die vor dem 17. März 2020 ausgestellt wurde oder
     
  • auf Antrag die letzte definitive AHV-Beitragsverfügung, falls die provisorische Beitragsverfügung seit der letzten definitiven Beitragsverfügung nicht angepasst wurde.

 

Beispiel:

Jahr AHV-Basis (CHF) Verfügung Tatsächliches
Einkommen (CHF)
2016 8'500 Definitive AHV-Beitragsverfügung vom 7.4.2017 8'500
2017 25'000 Definitive AHV-Beitragsverfügung vom 27.3.2018 25'000
2018 31'000 Provisorische AHV-Beitragsverfügung basierend auf Meldung vom 11.2.2019 31'000
2019 8'500 Provisorische AHV-Beitragsverfügung basierend auf 2016 55'000

 

Da für 2019 noch keine definitive Steuerveranlagung vorliegt, gilt die provisorisch verfügte Einkommensbasis von 8'500 Franken. Zwar wurde für das Jahr 2018 - wie vorgeschrieben - eine Einkommensmeldung an die Ausgleichskasse geschickt und die Basis entsprechend provisorisch angepasst, für das Jahr 2019 erfolgte jedoch noch keine Meldung, da der Abschluss 2019 noch nicht finalisiert ist. Handelt es sich hier um ein Einzelunternehmen mit Härtefallregelung, besteht kein Anspruch auf CEE, da der Betrag unter den geforderten 10'000 Franken liegt. Bei einem Anspruch für einen Direktbetroffenen ergäbe sich eine CEE von 566.65 Franken pro Monat. (8'500 / 360 Tage * 80% * 30 Tage)

Jedoch hätte die Ausgleichskasse bei der Festlegung der provisorischen Einkommensbasis für 2019 die letzte definitive Beitragsverfügung als Basis nehmen müssen. Das wäre die Beitragsverfügung für das Jahr 2017 mit einem Einkommen von 25'000 Franken. Aus diesem Grund kann der Selbstständigerwerbende in vorliegendem Beispiel einen Antrag stellen, dass die 25'000 Franken als Basis für die CEE zu berücksichtigen seien. Somit entsteht ein Anspruch - auch bei einem Betrieb mit Härtefallregelung - und die Entschädigung erhöht sich auf 1'666.65 Franken pro Monat.

 

Die CEE der Selbstständigerwerbenden wird übrigens nicht rückwirkend korrigiert, wenn sich später herausstellt, dass das Einkommen 2019 doch höher oder tiefer war.

Die positive Nachricht für die Selbstständigerwerbenden ist, dass Umsätze, die trotz COVID-19-Massnahmen noch erzielt werden können, nicht angerechnet werden. Das bedeutet, sie können sie behalten, zusätzlich zu einer allfälligen CEE.
 

Arbeitnehmende

Als Bemessungsgrundlage für Arbeitnehmende gilt das letzte vor Beginn des Erwerbsunterbruchs erzielte Erwerbseinkommen. Sollte dieses aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit reduziert worden sein, gilt das Einkommen ohne diese Reduktion. (Beispiel: Reduzierte Lohnfortzahlung bei Unfall oder Krankheit). Bei unregelmässigen Einkommen wird auf den Durchschnitt von lediglich drei Monaten abgestellt.

Das Taggeld wird berechnet, indem der Monatslohn inkl. einem allfälligen Anteil 13. Monatslohn durch 30 geteilt wird - unabhängig davon, ob der Abrechnungsmonat 30 oder 31 Tage hat. Von diesem Tageseinkommen werden 80 Prozent als Taggeld ausgerichtet. Die Ausgleichskassen richten sich nach der EO-Tabelle, Teil «Mutterschaftsentschädigung» (ab Seite 17). 

Bei betreuenden Eltern kann es sein, dass nicht ganze Tage ausfallen, sondern nur einzelne Stunden. Es handelt sich dann um einen Teilausfall.

Beispiel: Eine Mutter arbeitet üblicherweise an zwei Tagen pro Woche, jeweils für acht Stunden. Dafür erhält sie monatlich 2'000 Franken. Sie kann ihre Arbeit im Homeoffice erledigen, jedoch nur während sechs Stunden. Sie erleidet demnach jeweils einen Erwerbsausfall von zwei Stunden pro Arbeitstag, also vier Stunden pro Woche. Fallen in den Abrechnungsmonat vier Wochen, ergibt das 16 Stunden Ausfall. Ihre eigentliche Sollzeit beträgt 64 Stunden (vier Wochen à 16 Stunden). Es resultiert demnach ein Ausfall von 25 Prozent bzw. 500 Franken.

Gemäss EO-Tabelle beträgt das Taggeld bei 2'000 Franken Lohn: 53.60 Franken. Davon 25 Prozent ergibt 13.40 Franken. In einem Monat mit 30 Tagen resultiert eine CEE von 402.00 Franken, bei 31 Tagen von 415.40 Franken.

Plausibilisierung über die Berechnung mit der Formel:

CHF 2'000 / 30 * 80% = CHF 53.33 * 25% Ausfall = CHF 13.33 * 30 Tage = CHF 400.00

 

Wie wird Corona Erwerbsersatzentschädigung abgerechnet und versteuert?

Auch hier orientiert sich die Verordnung am EO-Taggeld aus der EO.

Wird die CEE von der Ausgleichskasse direkt dem Arbeitnehmenden ausbezahlt, zieht sie die Arbeitnehmerbeiträge an die AHV/IV/EO sowie an die ALV ab. Die «Arbeitgeberbeiträge» werden aus der Staatskasse bezahlt, also vom Bund bzw. von den Steuerzahlenden. Die Ausgleichskasse lässt dem Empfänger der Leistung eine Abrechnung zukommen mit dem Hinweis, dass die Leistung steuerpflichtig ist. Das heisst die Bezüger der CEE haben den Betrag in ihrer Steuererklärung als Einkommen aus Versicherungsleistungen zu deklarieren. Die Ausgleichskassen melden den Steuerbehörden die direkt ausbezahlten Taggelder, sodass eine Nichtdeklaration aktenkundig würde. Bei quellenbesteuerten Personen zieht die Ausgleichskasse der Einfachheit halber die Quellensteuer nach Tarif D - also pauschal 10 Prozent - ab, dies gilt auch für deutsche Grenzgänger. Die Quellensteuer wird im Nachgang korrigiert, sodass auch die CEE wie normaler Lohn nach dem progressiven Tarif besteuert wird.

Wird die CEE dem Arbeitgeber ausbezahlt, der sie dann seinen Arbeitnehmenden weiterleitet, werden wie bei der EO-Abrechnung die Arbeitgeberbeiträge an die AHV/IV/EO und an die ALV dem Arbeitgeber mitvergütet. Dieser verarbeitet die CEE mit der Lohnabrechnung, zieht die Arbeitnehmerbeiträge vom Lohn ab und bezahlt diese zusammen mit den Arbeitgeberbeiträgen über die Jahresendabrechnung an die Ausgleichskasse. Die CEE ist, wie das EO-Taggeld, nicht UVG-prämienpflichtig. Bezüglich Prämienpflicht bei einer allfälligen Krankentaggeldversicherung sind die allgemeinen Versicherungsbedingungen zu prüfen. Jedoch dürfte sich dort kaum eine Klausel für die neu erschaffene CEE finden, sodass die Abrechnung gleich zu handhaben sein wird wie ein EO-Taggeld. In der Regel wird die CEE prämienpflichtig sein, da sich die KTG-Versicherer meist an den AHV-pflichtigen Lohn halten. Bei quellenbesteuerten Mitarbeitenden wird der Arbeitgeber den vorgegebenen Tarif anwenden, wobei die CEE in die Tarifbasis mit einfliesst.

Wird die CEE dem Selbstständigerwerbenden ausbezahlt, zieht die Ausgleichskasse die Beiträge an die AHV/IV/EO von der Leistung ab, in derselben Höhe, wie das für Arbeitnehmende der Fall wäre, also 5,275 Prozent. Auch hier bezahlt der Bund «die andere Hälfte» der Beiträge. Zu beachten ist, dass - wie beim EO-Taggeld - die Entschädigung nicht als Ertrag oder Aufwandminderung verbucht wird, sondern erfolgsneutral über das Privatkonto des Selbstständigerwerbenden abgewickelt wird. Alternativ kann sie auch gleich auf ein privates Bankkonto überwiesen werden, dann ist sie gar nicht zu verbuchen. Wie die Arbeitnehmenden deklarieren die Selbstständigerwerbenden die CEE in der privaten Steuererklärung als Einkommen aus Versicherungsleistungen. Würde die CEE im Unternehmen erfolgswirksam gebucht, würde sie den Gewinn und damit das Einkommen aus selbstständiger Tätigkeiten erhöhen. Da dieses die Basis bildet für die AHV-Beiträge, hätte das eine doppelte AHV-Belastung zur Folge. Das wäre nicht nur eine Doppelbelastung für den Selbstständigerwerbenden, sondern hätte auch eine zu hohe Gutschrift auf dem individuellen Konto (IK) zur Folge, was nicht zulässig ist.

 

Fazit

Die Arbeitgeber und ihre Mitarbeitenden profitieren seit Jahrzehnten von der obligatorischen Absicherung über die Arbeitslosenversicherung, während die Selbstständigerwerbenden auf sich gestellt sind. In dieser besonderen Situation ist eine nie dagewesene Anzahl von Personen betroffen. Der Bund hat Wort gehalten und Selbstständigerwerbenden in Form der CEE rasch und unbürokratisch Hilfe gewährt. Die Mehrheit der Betroffenen erhält damit einen für die Existenzsicherung unerlässlichen Beitrag. Dennoch werden einige in Bedrängnis geraten, die nicht von der Nothilfe profitieren können oder für die diese nicht ausreicht.

Auf der anderen Seite entstehen Kosten in Milliardenhöhe, die vom Bund und damit von den Steuerzahlern finanziert werden müssen. Das ist für alle Beteiligten keine befriedigende Situation. So ist eine Lehre, die aus der Corona-Krise gezogen werden kann, dass auch für die Selbstständigerwerbenden eine Versicherungsmöglichkeit geschaffen und allenfalls sogar als obligatorisch erklärt werden muss. Mehr dazu erfahren Sie in unserem Artikel «Selbstständigerwerbende: Welche Lücken es bei der Absicherung zu schliessen gilt».

Die CEE kommt nicht von selbst. Um sie zu erhalten, müssen Sie aktiv werden und einen Antrag stellen. Die Auszahlung erfolgt zwar unbürokratisch, dennoch gibt es ein paar Besonderheiten zu beachten. Wir hoffen, dass wir mit unseren Ausführungen einen wertvollen Beitrag leisten, um Ihnen diesen Weg zu erleichtern.

 

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